Ausstellung und Vorträge der lesbisch-schwulen Geschichtswerkstatt Heidelberg-Ludwigshafen-Mannheim im CSD-Verein Rhein-Neckar e.V. zeigt:
Emma Trosse, verheiratete Külz (1863 – 1949)
Lehrerin und Pionierin der Homosexuellenbewegung
Ausstellung 15. - 29. November 2011 (Aufbau 11.11.11)
Jugendkulturzentrum FORUM, Neckarpromenade 46, 68167 Mannheim, UG, Di. - Fr.: 15 - 21 Uhr, eintrittfrei, auch die Vorträge.
22.Nov.(Di.):Vortrag und Führung: 19 – 21 Uhr. Raum „Keller“
29.Nov. (Di.): Vortrag: 19 – 21 Uhr, Raum „Keller“
Koordiniert von Ilona C. Scheidle, M.A. Historikerin
Am Anfang ist Emma Trosse. Sie ist die erste Frau, die – weltweit
erstmals über Homosexualität publizierte. Ihre Monographie „Der
Konträrsexualismus in Bezug auf Ehe und Frauenfrage“ erschien 1895
halbanonym; 1897 folgte „Ein Weib? Psychologisch-biographische Studie
über eine Konträrsexuelle“. Dieser anonyme Text wurde noch im
Erscheinungsjahr im Kaiserreich verboten; das Leipziger Reichsgericht
beurteilte die Arbeit als Verstoß gegen § 184 StGB, so wurde der Text
als ‘unzüchtige Schrift‘ indiziert und „kassiert“. Und danach?
2010 widmete das Schwule Museum Berlin der homosexuellen Wegbereiterin
eine Kabinettausstellung. Sie war klein, von Dr. Jens Dobler kuratiert,
von Dr. Christiane Leidinger recherchiert, textorientiert. Völlig
unspektakulär präsentierte die Ausstellung exorbitanten Inhalt, der nun
in Mannheim gezeigt werden soll:
Ein Jahr vor Magnus Hirschfeld veröffentlichte Trosse als
autodidaktische Medizinautorin über weibliche Homosexualität. In ihren
Schriften entpathologisierte und entkriminalisierte sie Homosexualität.
In der Ausstellung werden Textauszüge ihrer Schriften zugänglich
gemacht. Der Lebensweg von Emma Trosse, verheiratete Külz historisiert
darüber hinaus die spannende und zeitlose Frage nach einer
geschlossenen (sexuellen) Identität und zeigt vielmehr, wie wandelbar
(sexuelle) Orientierung und Lebensformen sein können - zunächst lebte
Trosse mit ihrer Freundin Hermine Dulsmann, geb. Baronesse Bardeleben.
1900 heiratete die Lehrerin den Arzt Constantin Külz, gründete und
betrieb mit ihm in Bad Neuenahr ein Sanatorium mit der
Schwerpunktbehandlung Diabetes; nach dem Tod der Eltern leite die
Tochter Irmgard das Sanatorium.
Heute ist Trosse vereinzelt als Medizinjournalistin für Diabetes oder
als Heimatdichterin bekannt, ihre Arbeiten als Wegbereiterin der
Emanzipation von Homosexualität sind nahezu vergessen und/oder
beschwiegen.
Emma Trosse war keine gebürtige „Mannheimerin“ ihr Ausbildungsort
stellt Bezüge her: Bydgodszcz, das historische Bromberg, die polnische
Partnerstadt Mannheims, dort examinierte Trosse zur Lehrerin. Ein
beachtlicher Wissensbestand, der in der polnischen Stadt heute
unbekannt ist. Selbst Teilnehmer_innen am lesbisch-schwulen
Stadtrundgang Mannheims aus der Partnerstadt sprachen noch auf dem
vergangenen CSD von einer generellen Geschichtslosigkeit Brombergs
bezüglich Homosexualität und müssen mit einem eigenen „Schweigemarsch“
gegen offene Diskriminierung in der Stadt kämpfen.
Im Rahmen des Bundesprogramms zur Förderung von Toleranz und Stärkung
von Kompetenz / dem Mannheimer Aktionsplan holt die lesbisch-schwule
Geschichtswerkstatt im CSD-Verein Rhein-Neckar, diese Ausstellung in
das Jugendkulturzentrum FORUM, in dem sich die Jugendgruppen von PLUS
Rhein-Neckar e.V. treffen.
Zwei Vorträge flankieren die Ausstellung zur Emanzipationsgeschichte der Homosexuellenbewegung:
22.11.: 19 Uhr -21 Uhr: Jugendkulturzentrum FORUM, Raum "KELLER":
Dr. Christiane Leidinger:
Emma Trosse verheiratete Külz, Pionierin der weiblichen
Homosexuellenbewegung (1863 - 1949). Aus dem Leben einer Lehrerin aus
Bydgoszcz (hist. Bromberg), die den Diskurs zur weiblichen
Homosexualität eröffnete. Dr. Leidinger stellt ihre Recherche vor und
führt durch die Ausstellung. www.lesbengeschichte.de
Vortrag 29. Nov.: 19 Uhr - 21. Uhr: Jugendkulturzentrum FORUM, Raum "KELLER"
Rainer Hoffschildt:
"Emanzipation und Verfolgung männlicher Homosexueller in Baden-Württemberg mit einem Schwerpunkt der NS-Zeit in Nordbaden"
Seine Forschungen zur Verfolgungsgeschichte männlicher Homosexualität
legten in unzähligen Städten die Basisdaten für Stolpersteine und
dergleichen. Sein Archiv (www.vehn-sarch-zeh.de) zeugt darüber hinaus
auch von den Emanzipationsbestrebungen und der Kultur schwuler Männer.
So war der Mannheimer Herbert Klingmann (Stolperstein) ein beherzter
Musiker in Mannheim – bis er 1940 wegen §175 verhaftet, nach Dachau
eingeliefert und dort ‚zu Tode kam’.
Kontakt für Interviewpartner_innen zur lesbisch schwulen Geschichte im Rhein-Neckarraum unter: 0621-8326093.
www.ub-heidelberg.de